Sich 50:50 Elternzeit „leisten können“

Immer und immer wieder in irgendwelchen Büchern und Interviews zu 50:50 Elternschaft müssen sich die Autor*innen oder die Eltern die so leben wollen dazu äußern wie um alles in der Welt man sich das leisten könnten sollte dass der Vater mal für 7 Monate Elternzeit nur 65% seines vorherigen Einkommens verdient. Warum wird bei einem klassischen Modell nie gefragt wie man es sich im Gegenzug leisten dass die Mutter für 3 oder mehr Jahre nur 50% ihres bisherigen Gehalts verdient oder vielleicht auch nichts?

Bei einem Durchschnittsmännervollzeiteinkommen von 4275€ Brutto verliert der Vater etwa 875€ pro Monat, also etwas mehr als 6000€ – wenn er mehr als der Durchschnitt verdient ist es mehr, da das Elterngeld bei 1800€ gedeckelt ist. Sagen wir also z.B.: er verdient 11000€ Brutto im Monat, und verliert daher etwa 4200€/Monat durch die Elternzeit (also fast 30’000€).

Das ist natürlich sehr viel Geld, aber der Wenigerverdienst wenn die Mutter drei Jahre oder mehr nicht arbeiten geht ist bestimmt höher. Selbst wenn die Mutter vor der Geburt einen relativ schlecht bezahlten Beruf hatte wo sie etwa 1400€ brutto verdient dann verliert sie in denselben 7 Elternzeitmonaten 2000€ und in den kommenden drei Jahren in denen sie nicht arbeitet etwas mehr als 35’000€.

Mein Plädoyer ist also dass Interviewende einfach aufhören die Frage zu stellen ob man sich die Väter-Elternzeit finanziell leisten können.

Oder sie fangen an sie richtig zu stellen: ich habe ja auch in einem frühen Post geschrieben dass wir uns die mehr als 3 Monate volle Carearbeit nicht leisten konnten und wollten. Dabei ging es nicht nur ums Geld sondern vor allem auch um andere Aspekte: Angst Aufträge zu verlieren, Angst den Anschluss zu verlieren, im Job hinterherzuhinken, evtl nicht mehr für voll genommen zu werden, etc. Ob das alles der Realität entspricht und gesund ist und eine Arbeitswelt in der man gerne leben will ist eine andere (sehr berechtigte) Frage, aber es würde schon helfen wenn man die Dinge beim Namen nennt.

Das kleine ich-bin-ich

von Mira Lobe, Illustration von Susi Weigel, ab ca. 4 Jahren

Das ist das poetischste Kinderbuch das ich bisher gelesen habe. Die Reime sind wunderschön. Die Geschichte ist es ebenfalls: ein kleines Wesen wird gefragt was es ist, und sucht dann quasi bei allen möglichen Tieren nach Zugehörigkeit: bin ich ein Pferd? Bin ich ein Fisch? Bin ich ein Papagei? Ein Hund? Mein Lieblingsteil ist der mit den Hunden:

Durch die Stadt und durch die Straßen
geht das bunte Tier spazieren
und begegnet neuen Tieren.

Trifft vor einem Bäckerladen
eine ganze Schar von Hunden
alle sind kurz angebunden
alle zerren an der Leine,
dicke, dünne, große, kleine
ruppige und struppige
seidige, geschmeidige
gut dressierte, schön frisierte
schmale, breite, Seit an Seite
dumme Hunde und gescheite.

„Guten Morgen, liebe Hunde
bin ich nicht vielleicht wie ihr,
ähnlich diesem Dackel hier?
Denn ich bin ich weiß nicht wer
Suche hin und suche her
suche her und suche hin
Möchte wissen wer ich bin.“

Alle Hunde groß und klein
bellen laut: „Was fällt dir ein?
Hast zwar Ohren wie ein Dackel,
auch sein Freuden-Schwanzgewackel,
aber deine kleinen Beine
sind nicht so schön krumm wie seine.
Hast auch keine Hundeleine
und bist überhaupt zu bunt – und kein Hund!“

Am Schluss erkennt es: „Ich bin ich!“, und wird auch als ein „ich-bin-ich“ von den anderen anerkannt. Ich finde das so eine wertvolle Botschaft, und es sind einfach wunderbare Reime. Es gibt sogar eine Anleitung wie man sich selbst ein „ich-bin-ich“ Tier basteln kann 🙂

Mutterinstinkt / Maternal gatekeeping

Eine interessante Sache wenn man in der Elternzeit parallel mit Kind zuhause ist, ist dass man – finde ich – relativ schnell merkt dass es den „Mutterinstinkt“ nicht gibt – beide lernen die Signale des Kindes zu entschlüsseln, beide machen das ziemlich gut, trotzdem können beide sich manchmal sehr uneinig sein was gerade mit dem Kind los ist. Zumindest in unserem Fall finde ich keinerlei Evidenz dafür dass ich das alles irgendwie besser konnte weil ich diejenige war die schwanger war und (teil-)gestillt habe. Wenn irgendwas mit dem Kind war habe ich meistens einen Entwicklungsschub vermutet, mein Mann anfangs meist Koliken, dann meist Zahnen.

Die ersten drei Monate war ich fast ausschließlich mit dem Versuch zu Stillen (inkl Stillberatung) beschäftigt, mein Mann hat fast alles andere gemacht (wickeln, anziehen, baden, usw.). Wir hatten ziemliche Stillprobleme, und ich musste quasi non-stop stillen – etwa alle zwei Stunden eine Stunde lang (inkl. Zufüttern durch ein kleines Schläuchlein, was ewig gedauert hat), zwischendrin hab ich versucht abzupumpen. Unsere Wochenbetthebamme hat sich das eine Weile angeschaut und dann empfohlen diesbezüglich einfach entspannter zu werden. Sobald wir das beherzigt haben und dem Kind ab und zu mal ein Fläschchen gegeben haben (z.B. unterwegs) hat es sich von alleine abgestillt und endlich endlich mal ordentlich zugenommen und das tägliche Wiegen und die ganzen Sorgen und inneren Konflikte waren Geschichte. Das ganze hatte allerdings den interessanten Effekt dass mein Mann sich zu anfangs mit fast allem was das Kind angeht besser auskannte als ich, da er ja drei Monate Vorsprung hatte (obwohl wir ja beide da waren und ich auch z.B. mal gewickelt habe).

Danach haben wir beide irgendwie alles gemacht, es gab Abmachungen, z.B. wer wann für das nächtliche Aufstehen zuständig ist, und es hat sich alles routinemässig eingepegelt. Dadurch dass eben niemand „Experte“ war hatten wir weder Probleme mit „maternal gatekeeping“ (dem Problem dass Mütter den Vätern nicht zutrauen irgendeinen Teil der Sorgearbeit „richtig“ zu erledigen) noch mit dem „mental load“ (dass die Mutter die Familienmanagerin ist die alles im Blick hat). Also jedeR von uns kann einfach plötzlich für ein paar Tage verreisen ohne dass man irgendetwas erklären oder vorbereiten müsste – beide haben alles im Blick.

Die einzigen Situationen in denen wir jeweils beide(!) so einen Gatekeepingreflex hatten war in „Krisensituationen“, also früher wenn das Kind mal länger geweint hat oder später z.B. bei Wutanfällen. Unsere Abmachung war dann dass die Person die zuerst da ist quasi zuständig ist. Die andere Person hält sich zurück, sogar wenn sie das Gefühl hat sie hätte in diesem Moment die bessere Methode das Kind zu trösten. Denn: selbst wenn das klappen würde und der Konflikt mit dem Kind in Sekundenschnelle gelöst wäre, hätte man dadurch den/die Partner/in in der eigenen Elternrolle verletzt, was langfristig zu mehr Unzufriedenheit führt. Wir haben das manchmal natürlich trotzdem unabsichtlich gemacht, und es hat sich für die „übergangene“ Person echt schlimm angefühlt, schlimmer als gerade nicht in der Lage zu sein das Kind zu beruhigen.

Was wir also gemacht haben ist dass der zweite Elternteil sich einfach zurückzieht und nach einer gewissen Weile mal nachfragt ob sie übernehmen soll. Manchmal sagte die Person die gerade beim Kind war erleichtert „ja“, manchmal konnte sie die Hilfe in dem Moment nicht annehmen, manchmal wurde sie sogar richtig wütend. Wir hatten da zwei unausgesprochene Deals: (i) der zweite Elternteil nimmt es sich nicht zu Herzen wenn er da mal angeschnauzt wird, da es kein echter Streit ist – man ist nur der Blitzableiter weil die andere Person gerade etwas überfordert ist (ii) der erste Elternteil ist nicht gekränkt falls sich bei dem zweiten der Konflikt plötzlich in Luft auflöst, das Kind z.B. dann schnell friedlich einschläft oder sich ganz einfach trösten lässt usw. – wir hatten die Situation oft genug um zu merken dass es nicht personengebunden war sondern schlicht und ergreifend einfach Zufall.

Ich beschreibe das nur so ausführlich weil das eben Situationen waren in denen es bei uns einen großen Konflikt zwischen dem Bedürfnis dem Kind zu helfen und dem Bedürfnis den Partner in Ruhe machen zu lassen gab. Das war also eine klassische Situation wo man in eine Maternal/Paternal Gatekeeping Falle treten könnte! Mein Tipp ist in diesem Fall die „Sensoren“ auf den Partner/die Partnerin zu richten statt auf das Kind. Wenn es ihm oder ihr gut geht, wird das schon alles gut. Wenn nicht, kann man anbieten zu übernehmen. Der andere Elternteil muss widerum lernen wahrzunehmen wann er überfordert ist und dann diese Hilfe auch anzunehmen.

Idiot Mum: Plädoyer für Faulheit im Haushalt

Es gibt ja in den Medien, v.a. in der Werbung, dieses Klischee des Idiot Dads: Väter die absolut gar nichts auf die Reihe kriegen was den Haushalt angeht. Viele regen sich zurecht über dieses Image auf, andere sind tatsächlich der Meinung dass der Vater Dinge „nicht richtig“ macht, vielleicht gibt es auch Personen die absichtlich etwas machen um von der lästigen Aufgabe entbunden zu werden.

Ich bin in unserer Familie definitiv die „Idiot Mum“. Gerade bin ich z.B. alleine zuhause und google „Waschpulver welches Fach?“ weil ich gerne waschen würde und keine Ahnung habe wie unsere Waschmaschine funktioniert, weil mein Mann das immer macht.

Das ist natürlich ein arbiträrer Zufall in unserer Haushaltsarbeitsaufteilung und bedeutet nicht dass ich gar nichts im Haushalt mache, aber ich will auf etwas anderes hinaus: ich finde wir sollten uns von der Prämisse verabschieden dass alles immer penibel aufgeräumt und penibel sauber sein muss, v.a. in einem Haushalt mit kleinen Kindern.

Wir haben häufig die Idee dass die Haushaltsarbeit mit demselben Zeitaufwand und Resultat betrieben werden kann und soll wie das in unserer Kindheit zuhause der Fall war, also dass es einen einzigen richtigen Weg gibt, Dinge zu machen (das Klo zu putzen z.B., s. Lohaus & Schulz 2015). Wenn wir aber mit Müttern (oder Vätern) aufgewachsen sind die gar nicht oder in Teilzeit gearbeitet haben, dann hatten die einfach viel mehr Zeit dafür.

Wir sollten uns also an die Idee gewöhnen dass es bei zwei vollzeit arbeitenden Menschen mit Kind oder Kindern zuhause einfach relativ chaotisch aussieht und das als den neuen Standard begreifen (zumindest für diese Personengruppe).

Eine Sache die bei mir sehr hilft ist dass ich überhaupt nicht zum Haushalt führen erzogen worden bin. Bevor ich zuhause ausgezogen bin hab ich im Haushalt z.B. gar nichts gemacht. Dafür werde ich meinen Eltern ewig dankbar sein. Ich kann gar nicht beschreiben wie sehr es mein WG-Leben und Beziehungleben vereinfacht hat in Bezug auf Haushalt dass ich weder Meinungen noch Ahnung habe. Dafür nehme ich gerne alle Konsequenzen daraus in Kauf!

Ich kann also nur dafür plädieren den eigenen Töchtern ebenfalls möglichst wenig Haushaltskompetenzen beizubringen, es lohnt sich! 😉

Nelly und die Berlinchen: Die Schatzsuche

Buchrezension: Nelly und die Berlinchen: die Schatzsuche. Karin Beese (Autorin) und Mathilde Rousseau (Illustratorin)

Ich habe in einem vorherigen Beitrag schon etwas über den ersten Band geschrieben.

In dem zweiten Band der Reihe geht es wieder um die drei Freundinnen Nelly, Amina und Hannah (die „Berlinchen“). Diesmal sind sie augenscheinlich mit ihren Familien auf dem Tempelhofer Feld unterwegs und treffen dort auf eine andere Kinderbande (die „Drachenbande“) mit denen sie sich zuerst spielerisch streiten (indem sie sich gegenseitig Rätsel stellen) und dann aber gemeinsam spielen.

Wieder ist das Buch natürlich wegen seiner selbstverständlichen Diversität (und in meinen Augen auch der starken Vaterfigur in Form von Nellys Vater) sehr empfehlenswert, und ich fand es in vielerlei Hinsicht besser als den Vorgänger.

Erstens gibt es in dieser Geschichte kein „Mädchen gegen Jungs“, was mich sehr erleichtert da ich diese Idee nicht aus Versehen durch Bücher bei uns einführen möchte.

Zweitens ist die Geschichte wesentlich interessanter und vielseitiger. Die Rätsel in Reimform sind sehr mitreißend (das Kind ruft immer die Lösungen laut mit). Die Geschichte ist trotzdem weniger furchteinflößend als die des ersten Bandes, da niemandem ernsthaft etwas passieren kann – das war mir damals nicht aufgefallen, aber das Kind hat gerade eine Phase in der es keine aufregenden Bücher mag und verschmäht daher den ersten Band gerade komplett.

Ich finde das Buch auch besser gereimt. Der Lieblingsreim des Kindes (der immer mal wieder in allen möglichen Situationen aufgesagt wird) ist:

In den Beeten, auf der Wiese,
unter Sträuchern, im Gemüse, …

Das Buch wird u.a. auch hier und hier besprochen.

„Ja“ sagen / „Nein“ sagen

Edit 2022: es gibt inzwischen im gewünschtestes Wunschkind Podcast eine empfehlenswerte Folge dazu: Folge 79 – Grenzen setzen in der beziehungs- und bedürfnisorientierten Elternschaft

Bei „gewünschtestes Wunschkind“ geht es (u.a.) viel um das „Ja“ obwohl man den natürlichen Impuls hat „Nein“ zu sagen (aus Bequemlichkeit, Gewohnheit, Angst vor der Meinung Anderer, usw.), obwohl natürlich immer betont wird dass das eben nicht bedeutet alles zu erlauben, sondern man soll überlegt „Nein“ sagen an den Punkten wo es sinnvoll ist (weil z.B. die Grenzen anderer übertreten werden).

„Der beste Weg, die kindliche Kooperationsbereitschaft kontinuierlich zu fördern, besteht darin, so oft wie möglich „Ja!“ zu sagen, also eine „Ja“-Umgebung zu schaffen“ (Graf & Seide 2018, S.161)

Es ist nun aber so dass unsere Ausgangssituation ganz anders war als die der beiden Autorinnen und vieler Leser*innen ihres Blogs. Wir kommen beide aus Herkunftsfamilien in denen wir ziemlich verwöhnt wurden und also viel weniger internalisierte Verbote oder soetwas haben, die zu einem unüberlegten, automatischen „Nein“ führen würden. Wir hatten relativ wenig mit den Meinungen anderer zu kämpfen (u.a. auch weil die Großeltern ja sehr entspannt sind). Unser Kind ist Einzelkind, daher gibt es zuhause normalerweise keine Bedürfnisse anderer Kinder die berücksichtigt werden müssen, und wir verbringen im Schnitt vermutlich weniger Zeit alleine mit dem Kind – ich war vor der Coronazeit etwa 6 Stunden pro Woche mit ihm alleine. Das war also Zeit auf die man sich jedes Mal sehr gefreut hat, und für die man in der Zwischenzeit unendliche Geduldreserven angehäuft hat. Deswegen schert man sich in dieser Zeit vielleicht auch weniger um die eigenen Bedürfnisse – man hat ja sonst genug Zeit dafür.

Ich musste mir also quasi aneignen zu erkennen was Situationen sind in denen es angebracht und nötig ist dass man irgendetwas entgegen den Wünschen des Kindes durchsetzt – ich fand es anfangs sogar bei so „no-brainern“ wie Zähneputzen und Wickeln schwierig mich durchzusetzen. Manchmal hab ich das viel zu spät gemacht weil das Kind halt immer „Nein“ gesagt hat, manchmal beim Zähneputzen aus demselben Grund gar nicht. Ich habe mich dann durch ein paar Jesper Juul Bücher durchgekämpft und obwohl ich sie beim ersten durchlesen alle überhaupt nicht hilfreich fand dann doch ein bisschen was mitgenommen und trat danach einfach etwas entschiedener auf bei Dingen die ich aus gesundheitlichen Gründen wichtig finde. Das bedeutet nicht dass ich das Kind z.B. einfach gepackt und gewickelt habe (das hatte ich davor manchmal aus Verzweiflung gemacht), aber ich hatte mir da angewöhnt einfach sehr klar zu sagen was ich will, und mich dann schon dorthin zu begeben wo das stattfinden soll und alles vorzubereiten. Das Kind hat dann noch irgendwas fertiggespielt und kam dann meistens auch. Was auch gut half war irgendwelche Entscheidungen anzubieten (Was soll alles zum Wickeln/zum Rausgehen mitgenommen werden? Welche der vielen Zahnbürsten/-pasten soll genutzt werden?). Jetzt wo das Kind älter ist und sich länger alleine beschäftigen kann nehme ich manchmal noch ein Buch oder das Handy mit um die Wartezeit zu überbrücken 🙂

Bei uns sind die allermeisten Dinge keine solche „no-brainer“ – wir haben sehr wenig feste Regeln. Eine Regel die uns als Eltern sehr wichtig ist ist: Mama und Papa wechseln sich ab (z.B. beim Abholen aus der Kita, beim ins Bett bringen, …), darauf hat das Kind keinen Einfluß, auch wenn es Präferenzen hätte. Eine weitere wichtige Regel ist dass man in die Kita muss (wenn möglich), das Kind ging allerdings schon immer sehr gerne in die Kita, daher war das kein Problem. Die dritte Regel ist: wir Erwachsene bleiben beim Essen sitzen und beteiligen uns währenddessen nur an Spielen bei denen man sitzen kann.

Ansonsten versuchen wir schon einen festen Tagesablauf anzubieten, aber es ist eigentlich fast alles diskutierbar, bzw. auch von der Tagesform der Beteiligten abhängig. Mein Mann und ich haben auch teilweise unterschiedliche Vorstellungen. Wenn jemand zu etwas „Ja“ gesagt hat was die andere Person nicht gut findet hat sie quasi gewonnen (und wenn es der anderen Person wirklich wichtig ist muss das halt später in einer freien Minute verhandelt werden). Wenn jemand zu etwas „Nein“ gesagt hat was das Kind unbedingt will gibt es ja eh eine längere Verhandlung (das Kind ist erst dreieinhalb, hat aber teilweise schon einige Argumente auf Lager die einem den Wind aus den Segeln nehmen können), da kann sich dann die andere Person zu Gunsten des Kindes einsetzen wenn sie der Meinung ist dass das nicht so schlimm wäre. Wir sind also weder der Meinung (i) dass man da eine gemeinsame Front bilden muss noch (ii) dass man selbst immer konsequent sein muss mit den eigenen Regeln/Tagesstrukturen. Stattdessen ist es wichtig dass das Kind die Gründe für das jeweilige „Nein“ erfährt und da (auch manchmal erfolgreich) dagegen argumentieren kann.

Nelly und die Berlinchen – Rettung auf dem Spielplatz

Buchrezension: Nelly und die Berlinchen – Rettung auf dem Spielplatz. Karin Beese (Autorin) und Mathilde Rousseau (Illustratorin)

Dieses Buch hat ein sehr schönes Ziel, es ist feministisch und anti-rassistisch und zeigt auch verschiedene Familienformen (Hannahs Mutter ist z.B. alleinerziehend wenn ich das richtig verstanden habe), und Nelly’s Vater spielt in ihrer Familie eine wichtige Rolle, was mir sehr am Herzen liegt. Also das ist alles toll und es sollte viel mehr solche Bücher geben. Und unser Kind mag das Buch gern, und wollte es auch schon nachspielen mit uns.

Aber: das Buch hat mir nicht so gefallen. Ich habe eigentlich nur eine „richtige“ Kritik: Das ist das erste Buch das wir haben das man zumindest so auslegen kann dass es eine gewisse Mädchen vs. Jungs – Konkurrenz/Feindschaft gibt. Dieser Aspekt hat mir sogar in der Conni-Reihe besser gefallen, in der Conni ganz selbstverständlich auch mit Jungs befreundet ist.

Ansonsten habe ich eigentlich nur zu bemängeln dass es nicht ganz mein Geschmack ist. Das ist ja eigentlich egal, es muss ja dem Kind gefallen, aber wir lesen Bücher so häufig vor dass ich mir schon wünschen würde dass ich das Buch auch mag. Hier also was mir daran nicht gefallen hat:

Erstens: die Geschichte ist irgendwie repetitiv. Hier eine Kurzzusammenfassung: Aminas Bruder Samir und sein Freund Oskar klauen Aminas Teddy und werfen ihn zunächst auf dem Spielplatz auf einen Kletterturm. Nelly holt ihn, er fällt ihr aber beim Klettern runter. Dann klauen sie ihn wieder und werfen ihn auf einen höheren Kletterturm. Amina holt ihn und fällt selbst beim Klettern runter, wird von den anderen aufgefangen, und alle versöhnen sich.

Zweitens fand ich die Reime nicht schön. Ich habe allerdings den Fehler gemacht das gleich nach Mira Lobes „Das kleine Ich-bin-ich“ zu lesen, das mich total bezaubert hat mit seiner Poesie (mein Mann fand aber wiederum Lobes Buch anstrengend und repetitiv :)). Nichtsdestotrotz ist es meineserachtens holprig gereimt (nicht dass ich das besser könnte!).

Drittens finde ich das Buch nicht so schön gezeichnet. Mein Kind (das aber zugegebenermassen für das Buch am Anfang vielleicht noch zu klein war) hatte am Anfang manchmal auch ein bisschen Schwierigkeiten die Bilder zu entziffern.

Wir haben den zweiten Band dazu („Nelly und die Berlinchen – Die Schatzsuche“) jetzt gekauft – der gefällt mir viel besser (Rezension folgt!). Ich würde natürlich trotzdem auch für diesen Band eine dringende Kaufempfehlung aussprechen, weil es total wichtig ist dass Kinderbücher möglichst divers sind, und das ist das Berlinchen-Buch auf jeden Fall!

Das gewünschteste Wunschkind…

eine Rezension des Buchs „Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn – Der entspannte Weg durch Trotzphasen“ (Danielle Graf & Katja Seide)

Ich kannte eigentlich viele (vielleicht sogar alle) Ideen schon von dem bekannten Blog. Ich fand es aber trotzdem interessant das Buch zu lesen (und außerdem eine Möglichkeit den Autorinnen quasi etwas zurückzugeben). Hier ein Zusammenfassung:

Kapitel 1: Die Wut der Kinder

In diesem Kapitel geht es zunächst darum, was im Gehirn vor sich geht bei einem Wutanfall. Die Idee ist dass der „kognitive“ Teil des Gehirns (der Neokortex) ausgeschaltet ist und nur der „emotionale“ Teil (das limbische System) funktioniert. In Kapitel 6 wird dann die Methode des Spiegelns vorgestellt, um Kinder in solchen Wutanfallsituationen ansprechen zu können. In Kapitel 1 geht es dann darum, dass Kinder in diesem Alter (ca. 1-4) Selbstregulierung (d.h. Umgang mit ihren Gefühlen) als auch Empathie erst erlernen müssen, und wie man ihnen dabei helfen kann. Das Wissen was Kinder alles noch nicht können in diesem Alter hilft, sie anders wahrzunehmen, d.h. ihnen nicht zu unterstellen dass ihr Verhalten böswillig ist, sondern zu erkennen dass sie Unterstützung brauchen (beim Erlernen von Selbstregulierung/Empathie).

Kapitel 2: Die Wut der Eltern

Hier geht es darum warum eigentlich die Eltern so wütend werden, und es gibt Tipps wie man sich davon befreien kann. Die Wut kann (i) mit Erlebnissen in der eigenen Kindheit zu tun haben, (ii) damit dass man den Kindern irgendwelche negative Motivationen unterstellt, z.B. die Eltern manipulieren zu wollen, (iii) oder damit weil man schlecht damit umgehen kann dass man sich hilflos gefühlt hat (weil man z.B. dem Kind nicht helfen kann oder es gerade in einer Gefahrensituation war). Die Tipps sind also sich bewusst zu werden warum man wütend ist und daran zu arbeiten. Es wird auch eine Methode vorgestellt („stummes Selbstgespräch“) mit der man sich in so einem Moment beruhigen kann damit man das Kind nicht anschreit (oder sogar schlägt). Die Idee ist dass man das stumm macht, also man stellt sich vor wie man das Kind anschreit (oder schlägt) bis man sich soweit beruhigt hat dass man normal mit dem Kind reden kann. Es wird auch eine Methode vorgestellt („Reise in die Vergangenheit“) wie man sich über Erlebnisse in der eigenen Kindheit klar werden kann.

Ich neige seitdem ich erwachsen bin überhaupt nicht zu Wut, aber ich kenne soetwas auch. Unser Kind hatte eine Phase in der es sich selbst wehgetan hat wenn es wütend war (Haare rausziehen, sich in die Hand beißen), das hat mich (für meine Verhältnisse, d.h. innerlich) sehr aggressiv gemacht. Mein Mann wird genervter als sonst wenn unser Kind jammert, es sich aber nach unechtem Weinen anhört. Das macht es manchmal bei Konflikten aber auch manchmal einfach so, wenn es spielt dass es ein Tierbaby ist (z.B. ein Welpe). In beiden Fällen ist die Wut/Verzweiflung größer als gerechtfertigt, also auch ein Indiz dass da etwas anderes dahinterstecken könnte. Es ist so hilfreich sich das vor Augen zu führen statt sich von seiner Wut/Verzweiflung leiten zu lassen.

Kapitel 3: Übersetzungshilfen für Eltern kleiner Wutwichtel

Hier entschlüsseln die Autorinnen Dinge die Erwachsene in Konfliktsituationen als provozierend empfinden (freche Antworten, freches Grinsen, absichtliches Provozieren), d.h. sie beschreiben eine mögliche Erklärung für dieses Verhalten und warum es wichtig ist dass Eltern ruhig bleiben und liebevoll reagieren. Sie beschreiben dass Kinder weniger „provozieren“ wenn ihr „Kessel“ gefüllt ist, d.h. wenn sie das Gefühl haben genug Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Liebe zu erhalten. Deswegen soll man statt zu schimpfen besonders liebevoll und zugewandt sein und versuchen dem Kind das zu geben was es braucht um sich wertgeschätzt zu fühlen (eben den Kessel füllen).

Dann kommt ein sehr schönes Teilkapitel, „Baustelle Kooperation“. Da geht es darum, dass Kinder eigentlich von Natur aus kooperativ ist, es aber verschiedene Faktoren gibt die dazu führen dass wir das einfach nicht wahrnehmen: (i) weil wir eine falsche Vorstellung davon haben was Kooperation eigentlich bedeutet – wir denken es bedeutet dass Kinder machen was uns gerade passt, (ii) weil wir unser Kind kognitiv überschätzen (s.o.), (iii) weil wir übersehen wie häufig Kinder tatsächlich kooperieren, (iv) weil Erwachsene die Erwartung haben dass Kinder unkooperativ sind (da wird auch kurz über die möglicherweise kontraproduktive Auswirkung von Loben gesprochen). Ausserdem wird Kindern Kooperation häufig aberzogen, z.B. dadurch dass wir Kinder nicht an Dinge heranlassen die sie noch nicht können (z.B. bei der Hausarbeit) weil es meist noch mehr Arbeit macht.

Kapitel 4: Trotzdem: Autonomie fördern

Es ist daher wichtig Kooperationsbemühungen zu sehen und den Kindern mitzuteilen dass man sie gesehen hat. Ausserdem ist es wichtig, selbst Kooperation vorzuleben, indem man auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder wenn möglich eingeht, sowie soziales Verhalten/gesellschaftliche Regeln vorzuleben. Drittens ist es wichtig, den Kindern die Möglichkeit zu geben selbst zu entscheiden ob und wann sie kooperieren möchten. Man muss den Kindern für ihre Entscheidung auch genug Zeit lassen. Hier wird auch beschrieben dass man dabei aber auch klar die eigenen Grenzen und Gefühle zeigen soll, also „authentisch sein“, damit die Kinder wissen welchen Einfluss ihre Entscheidung auf andere hat. Und außerdem soll man „klar“ sein. Die Autorinnen beschreiben dass Kinder Unsicherheit spüren können – im Großen wie im Kleinen. Im Großen bedeutet das dass man Vertrauen in seine Kinder und ihren Kooperationswillen haben soll und das auch ausstrahlen soll. Im Kleinen bedeutet das dass man klar sein soll was eigene Entscheidungen / Entscheidungsprozesse angeht, also z.B. statt eines zögerlichen Jas/Neins eher sagen dass man da erst noch einen Moment überlegen muss, oder die Kinder in den Entscheidungsprozess miteinbeziehen – vielleicht haben sie eine kreative Lösung.

Kapitel 5: Tipps und Tricks für einen entspannten Alltag

Am Schluss gibt es ein Kapitel mit Beispielen von häufigen Konfliktsituationen, die jeweils eingeteilt sind in „Warum ist das so?“ und „Was hilft?“. Da geht es um Treppen steigen, anziehen, Teller/Becher herunterwerfen beim Essen, Wegrennen im Straßenverkehr, ins Bett gehen, Wickeln, usw.

Das Buch ist sehr schön weil es wahnsinnig viele Fallbeispiele gibt, es ist sehr konkret. Ich fand aber schade dass im Gegensatz zum Blog irgendwie Referenzen herausgestrichen wurden. Vielleicht macht man das so bei Sachliteratur die keine Fachliteratur ist (da kenne ich mich zu wenig aus), aber aus dem Blog ist klarer ersichtlich woher die Autorinnen ihre Erkenntnisse haben als aus dem Buch, finde ich. Ansonsten wie gesagt wirklich sehr sehr hilfreich, einfach und unterhaltsam geschrieben – ganz wie der Blog, den ich sehr gerne lese.

Warum muss ich schlafen?

Dieses Buch hat mein Mann bestellt von einer Seite die anti-rassistische Bücher verkauft, d.h. unter anderem sich bemüht, nicht nur weiße Protagonist*innen darzustellen (Tebalou heißt sie). Das Buch ist gleichzeitig auch anti-sexistisch. Es gibt eine Feuerwehrfrau, eine Astronautin, man sieht sowohl den Vater als auch die Mutter sich um die drei Kinder kümmern, und vieles mehr. Das Buch ist gleichzeitig auch sehr interessant (auch für die Vorlesenden, wir lernen auch was) und schön gemalt. Ich kann es sehr empfehlen.

Noch ist das Kind zu klein (eigentlich zu klein für das Buch, aber es mag es sehr), aber ich kann mir vorstellen dass es später evtl mal bei mir den Konflikt geben wird ob ich es korrigiere wenn es die Person die für mich ganz klar eine Feuerwehrfrau ist als Mann sieht. Das wird im Text nämlich offen gelassen. Im Prinzip ist es ja egal, das Kind hat auch etwas gewonnen wenn es weiß dass Männer nicht immer so „typisch männlich“ aussehen müssen.

Auf jeden Fall ist das eines der besten Bücher die wir haben, und kann ich es gar nicht erwarten die anderen Bücher in der Reihe zu kaufen, wenn unser Kind ein bisschen älter ist.

Bedürfnisorientierte Erziehung / Attachment Parenting

Ich bin sehr froh dass ich schon sehr früh auf dieses Thema gestoßen bin, eigentlich schon während der Schwangerschaft. Bedürfnisorientierte Erziehung ist ein Erziehungsstil der mich sehr angesprochen hat weil die grundliegende Idee dahinter sehr wertschätzend dem Kind gegenüber ist.

Man denkt vielleicht erst einmal, und in diese Falle bin ich auch erst getappt, dass die Grundidee ist, möglichst alle Wünsche des Kindes zu erfüllen. Aber das stimmt nicht, die Kernidee ist dass Kinder im Grunde kooperativ sind, und dass man versucht zu entschlüsseln was hinter irgendwelchen Konflikten die man mit dem Kind hat stecken könnte. Es geht darum zu verlernen dem Kind irgendwelche negativen Motive zu unterstellen und/oder ihm die Schuld für den Konflikt in die Schuhe zu schieben. Stattdessen soll man einerseits im Blick haben dass Kleinkinder in einem Entwicklungsstadium sind in dem sie mit sehr vielen Sachen noch nicht umgehen können und wir die Verantwortung haben ihnen dabei zu helfen das zu lernen. Andererseits sollte man wenn Konflikte gehäuft auftreten überlegen ob es irgendein Grundbedürfnis gibt das vielleicht nicht erfüllt ist. Also quasi weg von dem konkreten Fall (z.B. das Kind beißt andere Kinder) ganz rational zu ergründen was man machen kann um dem Kind generell zu helfen.

Welche Wünsche man nun erfüllt und welche nicht ist familiensache. Es ist schwieriger respektvoll „nein“ zu sagen als „ja“ (da man in diesem Moment ja quasi seine Macht als Elternteil durchsetzt), und z.B. die „gewünschtestes Wunschkind“ Autorinnen raten auch, sich das „Nein“ gut zu überlegen (also nicht dauernd z.B. aus Bequemlichkeit, Gewohnheit, Angst vor der Meinung Anderer, usw. „nein“ zu sagen). Ich als Mensch der eher vielleicht zu häufig „Ja“ sagt (auch aus Bequemlichkeit, Gewohnheit, und Konfliktscheu) bin aber auch der Meinung dass man sich auch sein „Ja“ wenn möglich gut überlegen soll. Also für Menschen wie mich ist es wichtig sich einen Moment Gedanken zu machen ob das Kind dabei etwas neues erleben und lernen kann (z.B. wenn es die Jacke erstmal nicht anziehen will sondern vielleicht erst draußen, wenn es mit irgendwelchem Schmodder spielen will den man selber eklig findet, wenn es irgendeinen komplett anderen Weg gehen will der einen gar nicht nach Hause bringt etc.), oder ob es etwas ist was eher negative Konsequenzen hat (Schokolade zum Frühstück, viel Medienkonsum). Ich denke auch das mit den negativen Konsequenzen kann man mal machen, aber eben nicht dauerhaft.

Andererseits muss man bei all dem auch gut zu sich sein. Also wenn man die Entscheidung trifft einem Wunsch nachzugehen und dann gleich danach merkt dass das keine gute Idee war (und man erzieht bindungsorientiert und sucht die Schuld für die Konsequenzen daher nicht beim Kind), hilft es, finde ich, sehr, das als eine Art Lernprozess zu sehen statt ein schlechtes Gewissen zu haben oder das Gefühl zu haben man hat in dem Moment als Elter versagt. Man muss eben lernen wie viel man dem Kind und auch sich selbst zumuten kann, und dabei Dinge ausprobieren. Bedürfnisorientierte Erziehung heißt eben auch, zu versuchen die Bedürfnisse aller Beteiligten (auch die eigenen) im Blick zu behalten und bei Entscheidungen zu berücksichtigen.

Ein Beispiel: Wenn ich z.B. dem Wunsch meines Kindes nachgebe einfach geradeaus zu laufen obwohl ich weiß dass wir dann nicht pünklich etwas zu Abend essen können und dann beide hungrig und genervt sind – ich noch mehr als das Kind -, dann darf ich die Schuld nicht beim Kind suchen. Ich bin ja die Erziehungsperson und es war letztendlich meine Entscheidung ob wir das machen. Ich sollte also nicht sagen: „Siehst du, das passiert wenn wir geradeaus laufen, das hast du jetzt davon.“ Ich sollte mir aber auch keine Vorwürfe machen. Es ist ja nichts schlimmes passiert: wir kaufen eine Brezel, das Abendessen wird ein bisschen nach hinten verschoben und das Kind hat dann evtl halt keinen Hunger mehr weil es schon eine Brezel gegessen hat. Dafür hat es herausgefunden was am Ende der Straße ist an der wir sonst immer vorbei laufen.

Ein anderes Beispiel: Ich gebe z.B. dem Wunsch meines Kindes nicht nach mit ihm vor anderen Menschen Hund und Herrchen/Frauchen zu spielen, weil ich Lust habe mich mit diesen Menschen zu unterhalten und es mir vor ihnen auch ein bisschen peinlich ist auf allen Vieren mit dem Po zu wackeln während ich einen Frisbee im Mund habe. Das Kind ist dann evtl sehr traurig und wütend und man muss ihm in diesem Moment helfen mit diesen Gefühlen umzugehen, d.h. es trösten und für es da sein. Das bedeutet aber nicht dass ich nachgebe und den Hund spiele, es bedeutet einfach dass ich anerkenne dass das Kind noch zu klein ist um alleine mit seinen negativen Gefühlen klar zu kommen, und ich oder wir versuchen zu helfen (häufig lässt sich das Kind bei uns eher von der Person trösten die den Wutanfall nicht mitverursacht hat). Das bedeutet natürlich auch dass mein Wunsch mit meinen Freunden zu reden in diesem Moment nicht erfüllt werden kann, aber das sollte ich dem Kind nicht vorwerfen – es kann ja nichts dafür dass es von seinen Gefühlen überrannt wird und sie noch nicht im Griff hat. Ich sollte aber auch kein schlechtes Gewissen haben weil ich quasi die Ursache des Wutanfalls bin. Mein Kind kann den Umgang mit negativen Gefühlen nur erlernen wenn es sie erlebt. Wenn wir also versuchen würden jeglichen Frust von ihm fernzuhalten, würden wir ihm auch keinen Gefallen tun. Außerdem, so schreibt Jesper Juul, ist es für die Kinder wichtig, die persönlichen Grenzen der Eltern zu erfahren um selbst später in der Lage zu sein, persönliche Grenzen zu setzen.