Das kleine ich-bin-ich

von Mira Lobe, Illustration von Susi Weigel, ab ca. 4 Jahren

Das ist das poetischste Kinderbuch das ich bisher gelesen habe. Die Reime sind wunderschön. Die Geschichte ist es ebenfalls: ein kleines Wesen wird gefragt was es ist, und sucht dann quasi bei allen möglichen Tieren nach Zugehörigkeit: bin ich ein Pferd? Bin ich ein Fisch? Bin ich ein Papagei? Ein Hund? Mein Lieblingsteil ist der mit den Hunden:

Durch die Stadt und durch die Straßen
geht das bunte Tier spazieren
und begegnet neuen Tieren.

Trifft vor einem Bäckerladen
eine ganze Schar von Hunden
alle sind kurz angebunden
alle zerren an der Leine,
dicke, dünne, große, kleine
ruppige und struppige
seidige, geschmeidige
gut dressierte, schön frisierte
schmale, breite, Seit an Seite
dumme Hunde und gescheite.

„Guten Morgen, liebe Hunde
bin ich nicht vielleicht wie ihr,
ähnlich diesem Dackel hier?
Denn ich bin ich weiß nicht wer
Suche hin und suche her
suche her und suche hin
Möchte wissen wer ich bin.“

Alle Hunde groß und klein
bellen laut: „Was fällt dir ein?
Hast zwar Ohren wie ein Dackel,
auch sein Freuden-Schwanzgewackel,
aber deine kleinen Beine
sind nicht so schön krumm wie seine.
Hast auch keine Hundeleine
und bist überhaupt zu bunt – und kein Hund!“

Am Schluss erkennt es: „Ich bin ich!“, und wird auch als ein „ich-bin-ich“ von den anderen anerkannt. Ich finde das so eine wertvolle Botschaft, und es sind einfach wunderbare Reime. Es gibt sogar eine Anleitung wie man sich selbst ein „ich-bin-ich“ Tier basteln kann 🙂

Mutterinstinkt / Maternal gatekeeping

Eine interessante Sache wenn man in der Elternzeit parallel mit Kind zuhause ist, ist dass man – finde ich – relativ schnell merkt dass es den „Mutterinstinkt“ nicht gibt – beide lernen die Signale des Kindes zu entschlüsseln, beide machen das ziemlich gut, trotzdem können beide sich manchmal sehr uneinig sein was gerade mit dem Kind los ist. Zumindest in unserem Fall finde ich keinerlei Evidenz dafür dass ich das alles irgendwie besser konnte weil ich diejenige war die schwanger war und (teil-)gestillt habe. Wenn irgendwas mit dem Kind war habe ich meistens einen Entwicklungsschub vermutet, mein Mann anfangs meist Koliken, dann meist Zahnen.

Die ersten drei Monate war ich fast ausschließlich mit dem Versuch zu Stillen (inkl Stillberatung) beschäftigt, mein Mann hat fast alles andere gemacht (wickeln, anziehen, baden, usw.). Wir hatten ziemliche Stillprobleme, und ich musste quasi non-stop stillen – etwa alle zwei Stunden eine Stunde lang (inkl. Zufüttern durch ein kleines Schläuchlein, was ewig gedauert hat), zwischendrin hab ich versucht abzupumpen. Unsere Wochenbetthebamme hat sich das eine Weile angeschaut und dann empfohlen diesbezüglich einfach entspannter zu werden. Sobald wir das beherzigt haben und dem Kind ab und zu mal ein Fläschchen gegeben haben (z.B. unterwegs) hat es sich von alleine abgestillt und endlich endlich mal ordentlich zugenommen und das tägliche Wiegen und die ganzen Sorgen und inneren Konflikte waren Geschichte. Das ganze hatte allerdings den interessanten Effekt dass mein Mann sich zu anfangs mit fast allem was das Kind angeht besser auskannte als ich, da er ja drei Monate Vorsprung hatte (obwohl wir ja beide da waren und ich auch z.B. mal gewickelt habe).

Danach haben wir beide irgendwie alles gemacht, es gab Abmachungen, z.B. wer wann für das nächtliche Aufstehen zuständig ist, und es hat sich alles routinemässig eingepegelt. Dadurch dass eben niemand „Experte“ war hatten wir weder Probleme mit „maternal gatekeeping“ (dem Problem dass Mütter den Vätern nicht zutrauen irgendeinen Teil der Sorgearbeit „richtig“ zu erledigen) noch mit dem „mental load“ (dass die Mutter die Familienmanagerin ist die alles im Blick hat). Also jedeR von uns kann einfach plötzlich für ein paar Tage verreisen ohne dass man irgendetwas erklären oder vorbereiten müsste – beide haben alles im Blick.

Die einzigen Situationen in denen wir jeweils beide(!) so einen Gatekeepingreflex hatten war in „Krisensituationen“, also früher wenn das Kind mal länger geweint hat oder später z.B. bei Wutanfällen. Unsere Abmachung war dann dass die Person die zuerst da ist quasi zuständig ist. Die andere Person hält sich zurück, sogar wenn sie das Gefühl hat sie hätte in diesem Moment die bessere Methode das Kind zu trösten. Denn: selbst wenn das klappen würde und der Konflikt mit dem Kind in Sekundenschnelle gelöst wäre, hätte man dadurch den/die Partner/in in der eigenen Elternrolle verletzt, was langfristig zu mehr Unzufriedenheit führt. Wir haben das manchmal natürlich trotzdem unabsichtlich gemacht, und es hat sich für die „übergangene“ Person echt schlimm angefühlt, schlimmer als gerade nicht in der Lage zu sein das Kind zu beruhigen.

Was wir also gemacht haben ist dass der zweite Elternteil sich einfach zurückzieht und nach einer gewissen Weile mal nachfragt ob sie übernehmen soll. Manchmal sagte die Person die gerade beim Kind war erleichtert „ja“, manchmal konnte sie die Hilfe in dem Moment nicht annehmen, manchmal wurde sie sogar richtig wütend. Wir hatten da zwei unausgesprochene Deals: (i) der zweite Elternteil nimmt es sich nicht zu Herzen wenn er da mal angeschnauzt wird, da es kein echter Streit ist – man ist nur der Blitzableiter weil die andere Person gerade etwas überfordert ist (ii) der erste Elternteil ist nicht gekränkt falls sich bei dem zweiten der Konflikt plötzlich in Luft auflöst, das Kind z.B. dann schnell friedlich einschläft oder sich ganz einfach trösten lässt usw. – wir hatten die Situation oft genug um zu merken dass es nicht personengebunden war sondern schlicht und ergreifend einfach Zufall.

Ich beschreibe das nur so ausführlich weil das eben Situationen waren in denen es bei uns einen großen Konflikt zwischen dem Bedürfnis dem Kind zu helfen und dem Bedürfnis den Partner in Ruhe machen zu lassen gab. Das war also eine klassische Situation wo man in eine Maternal/Paternal Gatekeeping Falle treten könnte! Mein Tipp ist in diesem Fall die „Sensoren“ auf den Partner/die Partnerin zu richten statt auf das Kind. Wenn es ihm oder ihr gut geht, wird das schon alles gut. Wenn nicht, kann man anbieten zu übernehmen. Der andere Elternteil muss widerum lernen wahrzunehmen wann er überfordert ist und dann diese Hilfe auch anzunehmen.

Idiot Mum: Plädoyer für Faulheit im Haushalt

Es gibt ja in den Medien, v.a. in der Werbung, dieses Klischee des Idiot Dads: Väter die absolut gar nichts auf die Reihe kriegen was den Haushalt angeht. Viele regen sich zurecht über dieses Image auf, andere sind tatsächlich der Meinung dass der Vater Dinge „nicht richtig“ macht, vielleicht gibt es auch Personen die absichtlich etwas machen um von der lästigen Aufgabe entbunden zu werden.

Ich bin in unserer Familie definitiv die „Idiot Mum“. Gerade bin ich z.B. alleine zuhause und google „Waschpulver welches Fach?“ weil ich gerne waschen würde und keine Ahnung habe wie unsere Waschmaschine funktioniert, weil mein Mann das immer macht.

Das ist natürlich ein arbiträrer Zufall in unserer Haushaltsarbeitsaufteilung und bedeutet nicht dass ich gar nichts im Haushalt mache, aber ich will auf etwas anderes hinaus: ich finde wir sollten uns von der Prämisse verabschieden dass alles immer penibel aufgeräumt und penibel sauber sein muss, v.a. in einem Haushalt mit kleinen Kindern.

Wir haben häufig die Idee dass die Haushaltsarbeit mit demselben Zeitaufwand und Resultat betrieben werden kann und soll wie das in unserer Kindheit zuhause der Fall war, also dass es einen einzigen richtigen Weg gibt, Dinge zu machen (das Klo zu putzen z.B., s. Lohaus & Schulz 2015). Wenn wir aber mit Müttern (oder Vätern) aufgewachsen sind die gar nicht oder in Teilzeit gearbeitet haben, dann hatten die einfach viel mehr Zeit dafür.

Wir sollten uns also an die Idee gewöhnen dass es bei zwei vollzeit arbeitenden Menschen mit Kind oder Kindern zuhause einfach relativ chaotisch aussieht und das als den neuen Standard begreifen (zumindest für diese Personengruppe).

Eine Sache die bei mir sehr hilft ist dass ich überhaupt nicht zum Haushalt führen erzogen worden bin. Bevor ich zuhause ausgezogen bin hab ich im Haushalt z.B. gar nichts gemacht. Dafür werde ich meinen Eltern ewig dankbar sein. Ich kann gar nicht beschreiben wie sehr es mein WG-Leben und Beziehungleben vereinfacht hat in Bezug auf Haushalt dass ich weder Meinungen noch Ahnung habe. Dafür nehme ich gerne alle Konsequenzen daraus in Kauf!

Ich kann also nur dafür plädieren den eigenen Töchtern ebenfalls möglichst wenig Haushaltskompetenzen beizubringen, es lohnt sich! 😉