Elternzeit 50/50

(Alle allgemeinen Infos zur Elternzeit hier ohne Gewähr – ich hab mir das auch nur ergoogelt!)

Ich kenne einige Paare die sich die Elternzeit mehr oder minder 50/50 aufgeteilt haben, dabei 1-2 Monate überlappend damit das Kind sich an das bisher weniger präsente Elternteil gewöhnen kann (und man evtl. noch zusammen in den Urlaub fahren kann). Meist hat jedoch jeweils eine Person voll gearbeitet während die andere Person voll zuhause war. Als mein Mann und ich vor der Frage standen wie wir das machen wollen ist uns aber schnell klar geworden dass wir es uns beide nicht leisten konnten/wollten ein halbes Jahr am Stück nicht zu arbeiten – und wir uns auch keine der beiden Rollen besonders schön vorgestellt haben. Wir haben also etwas gemacht was wir sonst von keinem anderen Paar kannten, nämlich im ersten Jahr alles parallel. Wir waren zunächst 3 Monate beide mit dem Baby zuhause, dann haben wir jeweils ein paar Stunden wieder angefangen zu arbeiten und das langsam gesteigert bis wir nach 6 Monaten dann 50% gearbeitet haben. Dabei blieb es dann auch bis unser Kind ein Jahr war. Dann bin ich wieder 100% arbeiten gegangen, und mein Mann war etwa zwei Monate 100% mit dem Kind zuhause. Das war allerdings ein Planungsfehler meinerseits, ich dachte der Kitagutschein ab dem ersten Geburtstag bedeutet dass das Kind dann auch schon relativ zügig den ganzen Tag da bleibt. Dass unsere Eingewöhnung erst anderthalb Monate später beginnt weil natürlich nicht alle Kinder gleichzeitig eingewöhnt werden, und das dann auch trotz großer Kitabegeisterung des Kindes sehr langsam und behutsam gemacht wird hatte ich nicht bedacht. Außer diese letzten zwei Monate war das aber alles wunderschön und unkompliziert, wir haben uns nie allein mit dem Kind zuhause gelangweilt, bei der Kindererziehung nie außen vor oder uninvolviert gefühlt, und im Job auch größtenteils so gefühlt als würden wir am Ball bleiben.

Offiziell gehen wir allerdings nicht als 50/50-Paar in die Statistik des BMFSFJ ein – ich habe nach dem Mutterschutz erst einmal Basiselterngeld empfangen, und nach dem halben Jahr dann Elterngeld Plus bis ich wieder voll gearbeitet habe. Mein Mann, der selbstständig ist, hat offiziell gar keine Elternzeit genommen, und daher auch kein Elterngeld bekommen – er hat einfach gar keine / weniger Aufträge angenommen. Wir konnten uns das leisten weil wir immernoch einen sehr… ähm, sagen wir mal studentischen Lebensstil haben mit wenig Fixkosten, und auch Erspartes hatten.

Personen die dieses Modell in Erwägung ziehen, aber beide Elterngeld beziehen möchten, würde ich das Elterngeld Plus wärmstens empfehlen. Dabei geht man in der Regel* Teilzeit arbeiten und erhält Elterngeld zur Aufstockung. Elterngeld Plus erhält man doppelt so lange wie das Basiselterngeld. Wenn man wie wir die ersten 3 Monate komplett als Familie zuhause bleiben will und danach in Teilzeit arbeiten könnten also beide die ersten drei Monate komplett zuhause bleiben, und danach noch acht Monate gemeinsam Elterngeld Plus beziehen. Jetzt ist das Kind 11 Monate alt. Vier extra Monate kann man durch den sogenannten Partnerschaftsbonus** erhalten, den gibt es aber nur wenn beide Elternteile zwischen 25 und 30 Wochenstunden arbeiten – also jeweils etwas mehr als 50%. Generell geht das mit dem gleichzeitig Teilzeit arbeiten nur wenn entweder beide entweder kompatible regelmässige Arbeitszeiten aushandeln können (z.B. feste Wochentage) oder mindestens eine Person flexible Arbeitszeiten hat und diese um die Arbeitszeiten des anderen herumplanen kann. Bei den Partnerschaftbonusmonaten ist man dann mit flexiblen Arbeitszeiten im Vorteil – ansonsten braucht man einen Babysitter. Nach Ablauf dieser vier Monate ist das Kind 15 Monate alt und man hat keinen Anspruch mehr auf Elterngeld. Falls die Kita noch nicht angefangen hat hat man also dann dasselbe Problem wie Eltern die Vollzeit mit Kind zuhause bleiben, nur eben 1-3 Monate später. Man müsste dann also bis das Kind in die Kita geht so weitermachen wie bisher, nur ohne finanzielle Aufstockung. Wichtig ist dass beide Eltern bis zum dritten Geburtstag des Kindes einen Anspruch auf Elternzeit haben, dazu gehört auch die Möglichkeit währenddessen in Teilzeit zu arbeiten (bis zu 30 Wochenstunden). Nur der Anspruch auf Elterngeld erlischt, man hat trotzdem einen Anspruch darauf in Teilzeit zu arbeiten. Wenn man es sich finanziell leisten kann wäre es vermutlich entspannter für die Kitaplatzsuche wenn beide einplanen, erst im auf den 1. Geburtstag folgenden Herbst/Winter mit der Eingewöhnung zu beginnen – die meisten Kitaplätze werden ja im August frei wenn die ältesten Kinder eingeschult werden. Die Kinder werden also im September/Oktober/November eingewöhnt.

Wenn man so wie wir zeitlich flexible Jobs hat kann man sogar im Notfall Vollzeit arbeiten und trotzdem gemeinsam das Kind betreuen. Wir haben so sehr viele Krankheitstage im ersten Kitawinter überbrückt. Eine Person war etwa 7-15 Uhr arbeiten, die andere etwa 15-23 Uhr. Erstere Person kann im besten Fall die Fahrtwegzeit während des Nachtschlafs nacharbeiten, zweitere Person während des Mittagsschlafs vorarbeiten. Für das Kind war das ideal, für uns sehr sehr anstrengend, aber machbar.

*Beim Elterngeld Plus kann man alles zwischen gar nicht und 30 Wochenstunden arbeiten. Ab dem 15. Lebensmonat des Kindes darf der Elterngeldbezug nicht unterbrochen werden.

**Das ist nicht das gleiche wie die 2 sogenannten Partnermonate (im Volksmund „Vätermonate“), die sind schon in den 10 obengenannten Monaten mit dabei.

Das 50/50 Prinzip

Ich habe während meiner Schwangerschaft (2017) mit großem Interesse „Papa kann auch stillen“ von Stefanie Lohaus und Tobias Scholz gelesen, in dem es um das sogenannte „50/50 Prinzip“ geht: dass man sich Lohnarbeit und Sorgearbeit/Haushalt je zur Hälfte aufteilt. Stefanie Lohaus (die mir auch schon von der Missy dem Namen nach bekannt war) hat damals auch auf Zeit Online dazu geschrieben.

Für mich war es damals schon vor der Lektüre klar dass es bei uns auch so ablaufen soll, dann während der Lektüre dann dass es sicherlich in vielen Aspekten bei uns anders wird (z.B. bei der Aufteilung der Elternzeit), und kurz nach der Lektüre hatte ich dann (wie bei fast allen Büchern) eigentlich 90% wieder vergessen. Am meisten in Erinnerung geblieben ist mir, wie erschreckend wenige Paaren das so machen, z.B. sich die Elternzeit in etwa gleich aufteilen. Dass ich so viel vergessen habe bedeutet nicht dass ich das Buch schlecht fand – ich finde es eigentlich ziemlich unterhaltsam.

Im Prinzip erzählt das Buch einfach ihre Geschichte, wobei sie sich kapitelweise abwechseln und in jedem Kapitel ein Thema behandeln: wie sie sich kennengelernt und verliebt haben (Kapitel 1), Schwangerschaft und wie sie sich (ziemlich spät, finde ich!) dann konkret über 50/50 unterhalten haben (Kapitel 2), die Geburt (Kapitel 3), das Wochenbett & maternal gatekeeping (Kapitel 4), die Aufteilung von Haus- und Familienarbeit in den ersten 2-3 Monaten, in denen sie in Elternzeit ist und er 50% arbeitet (Kapitel 5), wie sie das mit dem Stillen machen (Kapitel 6), der Beginn seiner 9-monatigen Eltern(teil)zeit und seine beginnende Desillusionierung was 50/50 angeht (Kapitel 7), ihre gleichzeitig beginnende Teilzeitarbeit (ca. 50%) (Kapitel 8), Bewertung des 50/50-Modells von anderen Männern/Vätern im Freundeskreis (Kapitel 9), ob das 50/50-Modell nur für Gutverdiener klappen kann (Antwort: Nein! Kapitel 10), ein Einblick in die Elternzeit mit 7 Monaten und wie die Interaktion mit unbekannten Vätern/Müttern funktioniert (Kapitel 11), Sex/Romantik (Kapitel 12), Kommunikation/Streit (Kapitel 13), dazu passend: Aufteilung der Hausarbeit, inklusive der Frage was man macht wenn man unterschiedliche Vorstellungen hat wie man sie zu erledigen hat (Kapitel 14), wie die Arbeitsstrukturen in Deutschland 50/50 erschweren, v.a. für Männer (Kapitel 15), Freiräume für sich schaffen (Kapitel 16), Finanzen (Kapitel 17), das Problem mit klassischen Frauen- und Männerbranchen (Kapitel 18), Elternzeit/Elterngeld allgemein (Kapitel 19). warum die Familienpolitik in Deutschland 50/50 erschwert (Kapitel 20).

Ich war beim ersten Lesen vor allem interessiert an den praktischen Sachen – Aufteilung der Elternzeit, der Familienarbeit und des Haushalts. Beim zweiten Lesen jetzt so ca. 3 Jahre später fallen mir Themen auf die ich komplett vergessen/verdrängt habe die auch sehr interessant sind, z.B. das Geld – wir gehören auch zu den Paaren die separate Konten haben und keine Ahnung was der andere verdient. Ich fand das nie so tragisch weil ich annehme dass auch mein Mann jetzt in etwa gleich viel verdient wie vor dem Kind, wo wir das ja auch so gehandhabt haben, aber sicher weiß ich es nicht. Kommunikation ist auch ein interessantes Thema – ich fand krass wie kleinteilig das alles abgesprochen wurde bei den beiden. Bei uns gibt es viel weniger Absprachen und soweit ich das erkennen kann auch weniger Streit, aber dafür ab und zu Chaos weil Dinge nicht richtig abgesprochen werden (die Laterne für den allerersten Laternenumzug 2018 hat z.B. niemand gebastelt; die musste ad-hoc aus Seidenpapier, Faden, Stock und Fahrradlampe gebastelt werden. Den Adventskranz 2019 hätten wir dafür fast doppelt gebastelt. Nur so als Beispiel). Ich war auch ein bisschen überrumpelt von dem im Prinzip negativen Bild das Tobias Scholz von seiner Elternzeit zeichnet – wie Jochen König auch schön beschreibt: es schwingt die Meinung durch dass er das seiner Freundin zuliebe macht, und für sich selbst fast nur Nachteile sieht, nicht zwangsweise im Job aber im sozialen Gefüge, also im Prinzip für seine Männlichkeit. Er hat sich zu meiner Überraschung auch gelangweilt in der Elternzeit. Und ich fand auch interessant (und damit hängen die letzten Punkte wahrscheinlich zusammen) dass sich das Buch nicht so liest als hätten sie Mitstreiter gehabt – Eltern die gleichzeitig in derselben Situation sind. Das ist bei uns schönerweise anders.

Eine Sache die ich sehr schade fand war dass die versprochene Webseite zum Buch anscheinend nie zustande kam. Ich fand wie gesagt die Geschichte der beiden ganz gut, es hätte mich aber ermutigt noch weitere Geschichten zu hören – durch das ganze Buch schwang immer so ein Beigeschmack der Einzigartigkeit, als gäbe es in ihrem aktuellen Umfeld eigentlich kein anderes Paar dass sich alles 50/50 aufteilt. Ich lese sehr gerne Elternblogs, aber insofern ich das überhaupt feststellen konnte leben nur wenige nach diesem Modell (was natürlich ihr gutes Recht ist — wenn alle Beteiligten zufrieden sind kann man sich natürlich aufteilen wie man will). Ich fände interessant: funktioniert das mit 50/50 denn auf Dauer? Im ersten Jahr des ersten Kindes ist es ja relativ einfach mit Elternzeit etc.